Die Europäer feiern sich nach den "Friedensverhandlungen" in Berlin als Macher. Sie hätten tolle Vorschläge erarbeitet, sagte Kanzler Merz. Zum Beispiel einen Waffenstillstand gefordert. Und angeboten, dass europäische Friedenstruppen diesen Waffenstillstand in der Ukraine absichern. Wenn die Russen dann trotzdem schießen, würde – so Merz – zurückgeschossen. "Wir würden eventuelle russische Angriffe erwidern", präzisierte er gegenüber dem ZDF.
Ein weiteres Druckmittel, so Merz, sei der bevorstehende Zugriff auf das beschlagnahmte Vermögen der Russischen Zentralbank. Aber nun sei Putin am Zug.
Die russische Seite reagierte auf die "tollen Vorschläge" von Merz und Co. bislang gar nicht. Denn so neu sind diese nicht. Sowohl Lawrow als auch Putin haben bereits mehrfach betont, dass sie keine europäischen Truppen in der Ukraine zulassen würden und ein Waffenstillstand nur in Frage kommt, wenn ein tragfähiger Friedensvertrag ausgehandelt ist. Ansonsten würden die Ukraine im Verbund mit den Europäern die Feuerpause nur nutzen, um sich wieder neu aufzurichten, Waffen zu liefern und dann ausgeruht weiter zu kämpfen.
Am Dienstag sagte Lawrow in einem kurzen Statement, mit dem jetzigen Europa, mit der jetzigen Führung der EU, habe Russland gar nichts mehr zu besprechen.
Und auch Putins Geduld scheint erschöpft.
In einer Rede vor der Führung des russischen Verteidigungsministeriums sprach Putin gestern wörtlich von "europäischen Ferkeln", die "hofften, vom Zusammenbruch unseres Landes zu profitieren." Das, so Putin, sei gründlich gescheitert.
Die Krise habe historisch bereits mit der absichtlichen Verschleppung und Nicht Einhaltung der Minsker Verträge begonnen. Ständig sei der Einfluss ausländischer Kräfte in der Ukraine gestiegen, sagte Putin. "Das führte schließlich zum Staatsstreich in der Ukraine. Und dann begannen sie, den Südosten, die südöstlichen Regionen, mit Gewalt zu unterdrücken und entfesselten praktisch einen Krieg. Nicht wir haben den Krieg 2022 begonnen, das waren die destruktiven Kräfte in der Ukraine mit Unterstützung des Westens, im Grunde hat der Westen selbst diesen Krieg entfesselt. Wir versuchen lediglich, ihn zu beenden, ihn zu stoppen."
So unterschiedlich können Ansichten sein.
Zum Ende seiner Rede wurde Putin etwas versöhnlicher. Er erklärte: "Wir sind nach wie vor bereit, alle in den letzten Jahren aufgetretenen Probleme friedlich zu verhandeln und zu lösen. Die US-Regierung demonstriert diese Bereitschaft, wir stehen im Dialog mit ihr. Ich hoffe, dass das auch mit Europa geschehen wird. Es ist unwahrscheinlich, dass das mit den gegenwärtigen politischen Eliten möglich sein wird, aber wenn nicht mit den jetzigen Politikern, dann bei einem Wechsel der politischen Eliten in Europa."
Insofern hat Russland hier eine ganz ähnliche Perspektive wie die USA, die in ihrer kürzlich präsentierten Nationalen Sicherheitsstrategie ebenfalls auf einen politischen Wechsel in Europa setzen und dem auch aktiv nachhelfen möchten.
Die Berliner Friedensverhandlungen waren demnach wieder mal ein Versuch der Europäer, Beschlüsse zu verzögern und sie mit unrealistischen Forderungen zum Scheitern zu bringen.
Auch wenn sie offenbar gar nicht so richtig dabei waren.
Der US-Journalist Erik Kirschbaum erklärte in einem Interview mit der WELT, dass Deutschland und die Europäer bei den Friedensgesprächen zur Ukraine-Krise in Berlin nur als Gastgeber fungiert hätten – also Räume, Essen und Getränke bereitgestellt, aber nicht an den Kernverhandlungen teilgenommen haben. Stattdessen seien die entscheidenden Gespräche hinter verschlossenen Türen ausschließlich zwischen US-Vertretern (wie Steve Witkoff und Jared Kushner) und der ukrainischen Delegation geführt worden. Kirschbaum betonte, die Europäer hätten das Ganze "inszeniert" mit Fotos und Bildern, um Beteiligung vorzutäuschen, und lobte Kanzler Friedrich Merz ironisch dafür, zumindest den "Tisch gestellt" zu haben.